Tai Chi Chuan (auch: Taijiquan) ist eine alte chinesische Bewegungskunst. Mythos und Historie vermischen sich in der Überlieferung ihrer Entstehung. Der Legende nach wurde sie Ende des 1. Jahrhunderts von einem Weisen Namens Zhang San Feng entwickelt. Er war auf der Suche nach Langlebigkeit und Unsterblichkeit, hatte den Daoismus und die Kampfkünste des Shaolin-Klosters studiert. Nachdem er in den Wudang Bergen den Kampf zwischen einem Kranich und einer Schlange beobachtet hatte, hatte er die Inspiration für eine Kampfkunst (Chuan = Faust), die innere Selbstbemeisterung (Yin) und äußere Kampfkunst (Yang) zu vollkommener Harmonie (Tai Chi) vereinigt.
Tai Chi Chuan steht zum einen in der Tradition des Wushu, der chinesischen Kampfkünste, zum anderen in der Tradition des Qigong, als Übung zur Pflege der Lebensenergie. Immer stellt es einen ganzheitlichen Übungs-WEG dar, der Körper und Geist gleichermaßen anspricht, stärkt und entwickelt.
Aus heutiger Sicht finden wir deshalb im Taijiquan so scheinbar unterschiedliche Aspekte wie Selbstverteidigung, Gesundheitsübung, Bewegungsmeditation oder Persönlichkeitsentwicklung / spirituelle Entwicklung. Zusammenfassen lässt sich diese Vielfalt, die auf die philosophischen Wurzeln aus Daoismus und Konfuzianismus zurückgeht, mit dem treffenden Begriff Lebens-Kunst.
Entsprechend dieser Vielfalt gibt es nicht nur einen Weg des Taijiquan. Es haben sich im Laufe der Jahrhunderte verschiedene Stile und Formen herausgebildet. Im Westen bekannt und verbreitet sind insbesondere der Yang-Stil, der Chen-Stil und der Wu-Stil. Die Namen gehen auf verschiedene chinesische Familien zurück, in denen der Stil entwickelt wurde. Lange Zeit wurden die Übungen auch nur innerhalb der Familien weitergegeben. Erst im letzten Jahrhundert änderte sich diese Tradition deutlich, so dass auch Menschen, die nicht chinesischer Herkunft waren, unterrichtet wurden. Während der Kulturrevolution in China verließen viele Lehrer der alten Übungswege das Land. Dies hat auch zur Verbreitung von Taijiquan und Qigong außerhalb Chinas sehr viel beigetragen.
In Europa am weitesten verbreitet ist heute wohl der Yang-Stil, der die dynamischen Aspekte der Kampfkunst zugunsten der gesundheitsfördernden Wirkung des Taijiquan reduziert hat.
Im Mittelpunkt des Übens steht die sogenannte Form. Es handelt sich um festgelegte Bewegungsabfolgen, die in entspannter Körperhaltung, langsam, gleichmäßig und fließend ausgeführt werden. Atem, Körperbewegung und geistige Tätigkeit werden synchronisiert. Darüber hinaus gibt es Partner- und Waffenformen. Ergänzt oder eingeleitet werden Übungssequenzen üblicherweise von Basisübungen zur inneren Sammlung, Lenkung der Aufmerksamkeit und subtiler Wahrnehmung der Tätigkeit von Körper und Geist sowie Übungen zur entspannten achsen- und gelenkgerechten Bewegung.
Prinzipiell geht es um die Schulung, Körper und Geist im Einklang und nach bestimmten Prinzipien zu gebrauchen. Das grundlegendste Prinzip ist das von Yin und Yang, der Wechselwirkung polarer Naturkräfte wie Anspannung - Entspannung, Ruhe - Bewegung, Innen - Außen etc.
Taijiquan zu üben, meint Yin und Yang in einem natürlichen, fortwährend fließenden Ausgleich zu halten, so dass etwas wie Balance oder Harmonie eintritt. Nach Innen bedeutet dies z.B. körperliche und geistige Gesundheit für den einzelnen, nach Außen bedeutet dies die Fähigkeit zu friedvollem und sozialem Miteinander.
Hier deuten sich die Qualitäten von Tai Chi Chuan als Innere Kampfkunst an. |