Mein Name ist Birgit Gebauer, ich bin 35 Jahre alt und habe seit ca. 13 Jahren die Diagnose MS und natürlich schon so einige Handikaps, die damit verbunden sein können.
1997 lebten mein Mann und ich für ca. 1 Jahr in Italien. Hier lernte ich Qigong zum ersten Mal kennen. Bis zu diesem Zeitpunkt hatte ich davon noch nicht viel gehört. Anfangs nahm ich bei allen Übungen nur auf einem Stuhl sitzend teil, da mir das freie Stehen große Probleme bereitete und immer noch bereitet. Mit der Zeit konnte ich auch im Stand teilnehmen. Bei meinem Abschied gaben mir die anderen Teilnehmer der Gruppe, die ausschließlich aus Läufern bestand, nur positive Rückmeldungen. Auch ich fühlte mich durch das Qigong zum einen viel entspannter und ausgeglichener. Und was noch wichtiger ist, ich habe immer das Gefühl, über mehr Kraft und Gleichgewicht zu verfügen.
In Hamburg bin ich dann in die MS-Qigong-Gruppe, die von Dietlind Zimmermann geleitet wird, gekommen. Hier lernte ich die '5 Elemente' kennen, die ich jetzt auch fast täglich praktiziere. Ich versuche immer, die Übung so gut zu praktizieren, wie ich kann - auch, wenn es manchmal schon ziemlich 'kryptisch' aussieht. Aber ich muss einfach mein Anspruchsdenken, das immer noch von der Schulzeit, d.h. Noten, geprägt ist, ablegen. Denn, immer nur die besten Noten erzielen zu wollen, gilt jetzt einfach nicht mehr. Ich mache die Übung einfach so, wie meine Tagesverfassung dies zulässt. Auch, wenn es oft ziemlich komisch aussieht, so versuche ich es doch.
Ich habe ja auch viel Spaß dabei. Wenn mir z.B. etwas gelingt, bei dem ich eigentlich glaubte, dass ich es sowieso nicht kann, steigert das auch mein Selbstvertrauen. Und immer, wenn ich die Übung durchführe bzw. durchgeführt habe, kann ich mich wesentlich besser bewegen. Auch, wenn das nur für eine kurze Zeit ist. Ich kann zum Beispiel am Ende einer Qigongstunde besser laufen, es reicht, wenn mein Mann mir seine Hand zur Sicherheit reicht. Das ist sonst eigentlich nur sehr selten möglich.
Die Fünf Elemente konnte ich anfangs nur im Sitzen durchführen. Aber je öfter ich diese Übung mache, desto mehr Qi (Kraft) verspüre ich. Manchmal muss ich mich während der Übung zwar setzen. Zuerst war ich dann auch wütend und vielleicht auch ein bisschen traurig. Aber mittlerweile macht mir das nichts mehr aus. Ich mache dann einfach da weiter, wo ich im Stand aufgehört habe.
Manchmal verspüre ich auch während des Übens einen starken Tremor (Zittern) in den Beinen, da man meist mit leicht angebeugten Knien steht, damit der Qi-Fluss auch gewährleistet ist. Aber diesen Tremor versuche ich dann zu vergessen. D.h. auch wenn die Beine sich wie ein Wackelpudding anfühlen, versuche ich die Übung zu Ende zu machen. Allerdings gelingt mir das nicht immer. Manchmal muss ich mich dann doch auf den Stuhl setzen, der direkt hinter mir steht. Aber mittlerweile habe ich gelernt damit umzugehen. Auch, wenn ich im Stand manchmal glaube, zu fallen, habe ich mittlerweile das Gefühl, als wären meine Beine fest mit der Erde, auf der sie ja stehen, verwurzelt. Und so wächst mit jedem Üben auch meine Gelassenheit und mein Zutrauen ein klein bisschen.
Was noch wichtig beim Qigong-Üben ist: dass man seinen eigenen Übereifer bremst, dass man die Bewegungen nicht so 'kräftig' macht, dass man sich die Arme 'ausrenkt'. Man sollte immer nur so weit gehen, wie es einem der Körper selbst 'vorschlägt'. Auch das lerne ich mit der Zeit. Die Bewegung sollte nur so weit gehen, wie sie einem leicht fällt. Manchmal sieht das schon ein bisschen ungeschickt aus, aber auch daran habe ich mich mittlerweile gewöhnt.
Oft kann ich es nicht so genau ausdrücken, was ich gerade bei einer Übung fühle. Es ist ja schon eine große Anstrengung, dem Körper immer eine Rückmeldung über das, was er empfindet, abzuverlangen. Manchmal kann ich einfach die vielen Meldungen nicht auseinander dividieren. Die Nerven schicken einfach zu viele Nachrichten zum gleichen Zeitpunkt. Aber mit Geduld kann ich diese auch irgendwann auseinanderhalten und weiß sie einzuschätzen.
Auf jeden Fall fühle ich mich nach einer Qigongstunde wesentlich besser - sowohl mental als auch körperlich.
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